Guten Tag,
ich wende mich an dieses Forum, weil ich gerade sehr verzweifelt über unsere derzeitige Situation bin. Meine Mutter kam am Freitag nach 2 Wochen Pflegeheim zurück ins Krankenhaus. Ich will sie auf keinen Fall in dieses Heim zurücklassen und brauche dringend Rat, was wir tun können.
Meine Mutter hatte Mitte Februar einen schweren Schlaganfall (linke Hirnhälfte) und danach lange gelegen, bevor ich sie gefunden habe (12-20 Stunden). Sie war dann 2 Wochen im künstlichen Koma, insgesamt 4 Wochen auf der Intensivstation, danach wurde sie auf die Frühreha-Station verlegt. Kurz danach hat sie keine Beatmung mehr gebraucht, selbstständig essen konnte sie nach ca. 8 Wochen wieder komplett, die Magensonde braucht sie aber noch für Wasser.
Ihr aktueller Zustand ist der, dass sie auf der rechten Seite leider weiterhin komplett gelähmt ist, da hat sich bei Arm und Bein leider noch nichts getan. Sie kann auch noch nicht viel sprechen. In guten Momenten spricht sie vorgesagte Wörter nach, sie kann alle bekannten Sprichwörter/Kinderlieder ergänzen, zählen, Wochentage aufsagen und sowas klappt, aber sie kann praktisch noch gar nicht eigene Gedanken äußern. Auch zielgerichtetes Zeigen auf Gegenstände klappt noch nicht, meist ist einfach unklar, was sie ausdrücken will. Oft wiederholt sie immer wieder meinen Namen und man hat mir erklärt, dass das ein Automatismus sei, wenn sie eigentlich was anderes sagen will.
Mir ist klar, dass meine Mutter schwer betroffen ist und wahrscheinlich für immer stark eingeschränkt bleiben wird. Aber da sie erst 60 ist und bisher kontinuierliche (wenn auch langsame) Fortschritte gemacht hat, vor allem bei der Sprache, haben wir natürlich Hoffnung, dass da noch Luft nach oben ist.
Nach insgesamt 3 Monaten Frühreha war aber klar, dass sie noch nicht weit genug für die weiterführende Reha ist. Vor allem ihre Sitzzeiten waren noch zu kurz, sie hat in der Klinik nur etwa 2-3 Stunden am Stück ausgehalten, spätestens dann bekam sie Schmerzen und musste gelagert werden (hat auch Übergewicht).
Schweren Herzens haben wir sie danach in ein Pflegeheim gegeben. Ich habe ambulante Therapien organisiert (Physio, Logopädie und Ergotherapie) und der Plan war, dass sie hoffentlich noch ein paar Fortschritte macht und dann entweder später noch die Reha antreten kann oder wir sie nachhause holen können.
Eine häusliche Pflege habe ich mir in ihrem jetzigen Zustand erstmal nicht zugetraut, da ich selbst eine Schwerbehinderung habe und seit einigen Jahren zusätzlich noch mit chronischen Schmerzen zu tun. Ich habe keine Geschwister, die Mama auch nicht, zu meinem Vater besteht kein Kontakt mehr. Außer meinem Partner ist also niemand an engeren Verwandten da.
Die letzten Monate waren schon sehr schwer für mich, zuerst war auch noch meine 91-jährige Oma da, die bis zum Schlaganfall von meiner Mutter gepflegt worden war. Leider ist meine Oma kurz danach verstorben, es kam also sehr viel zusammen. Die ganze Organisation, die Trauer um die Oma, Angst um die Mama, was passiert mit dem Haus und einiges mehr.
Ich hatte daher auch gehofft, selber ein bisschen Entlastung zu bekommen, wenn meine Mutter im Pflegeheim ist.
Leider ist aber genau das Gegenteil eingetreten. Ich hatte von Anfang an kein gutes Gefühl bei dem Heim, da ich von einem ehem. Mitarbeiter gehört habe, dass die Betreibergesellschaft sehr profitorientiert ist und dort ganz extrem am Personal gespart wird. Wir hatten letztendlich aber keine Auswahl, da alle anderen Pflegeheime im Umkreis auf die Schnelle nichts frei hatten. Deshalb wollten wir es uns zumindest mal anschauen, und dass es dirket bei mir um die Ecke ist (10 Minuten mit dem Rad, ich fahre kein Auto), fanden wir auch vorteilhaft.
Ich war aber vom ersten Tag an vom Ablauf dort sehr irritiert. Der Empfang war schon extrem unpersönlich, meine Mutter war recht überfordert und hat viel geweint. Ich war schon am ersten Tag lange bei ihr, mit meiner dauer-weinenden Mutter auch etwas überfordert (kannte ich so von den Besuchen in der Klinik nicht) und wurde dort gleich schon komplett allein gelassen. Niemand schien ansprechbar, niemand hat sich uns vorgestellt. Mal ist eine Pflegekraft reingerauscht und hat meine Mutter angeschnauzt, dass das Bett ja viel zu hoch eingestellt sei, das sei verboten wegen Rausfall-Gefahr. Die hat nicht mal zugehört, als ich erklären wollte, dass meine Mutter doch gar nicht das Bett selber verstellen kann.
Später kam eine andere rein, stopft meiner Mutter kommentarlos Tabletten in den Mund, reicht ihr einen Becher, Mama trinkt, die Pflegekraft verschwindet wieder. Da sehe ich, wie meine Mutter sich in den Mund greift, die Tabletten rausfummelt und auf den Boden wirft. Wahrscheinlich hat sie gar nicht verstanden, dass das Medikamente sind, ich hab die dann aufgehoben, sauber gemacht und ihr dann nochmal richtig verabreicht.
Dieser erste Tag hat mich schon so verstört, dass ich am zweiten Tag meinen Mann mitgenommen hab. Da mussten wir dann feststellen, dass in diesem Heim wohl ganz oft ungelernte Hilfskräfte ganz allein auf der Station sind. Uns hat ein Mädel Kisten ins Zimmer gestellt, das war anscheinend Zubehör zur Magensonde (braucht meine Mutter ja noch wegen Wasser). Sie konnte dazu aber nix sagen, sie sei auch erst seit 4 Wochen im Job (vorher bei REWE an der Kasse gesessen) und oft sei nachmittags einfach keine richtige Pflegekraft da und sie müsste dann mit ihrer ebenfalls fachfremden Kollegin allein auf der Station klar kommen.
Seither war ich jeden Tag bei meiner Mutter, an den meisten Tagen zweimal. Immer wieder habe ich Tabletten auf dem Boden gefunden, manchmal auch im Müll, oder es lagen spät abends noch welche auf dem Tisch und niemand wusste, was damit ist. Das Zubehör zur Magensonde stand fast 4 Tage unausgepackt in der Ecke, ich vermute, dass meine Mutter in der Zeit wohl einfach zu wenig Flüssigkeit bekam, da sie noch nicht so viel selber trinkt. Irgendwann lag in ihrem Zimmer ein Zettel "Bitte eintragen, wie viel getrunken", da wurde aber auch nur am 16.06. was reingeschrieben und danach nichts mehr.
Wir mussten auch z. B. immer nachmittags schauen fahren, ob jemand das Rollo runtergemacht hat, das wurde meistens vergessen und meine Mutter bei der Hitze dann in der prallen Sonne gegrillt. Klingeln und sich melden kann sie ja noch nicht. Ich hatte einfach keine ruhige Minute mehr.
Mit dem Waschlappen gewaschen wurde meine Mutter wohl hin und wieder mal, aber z. B. die Zahnbürste lag jetzt die kompletten 2 Wochen unberührt da (hab ein Haar drüber gelegt, um es zu kontrollieren... traurig, aber hatte einfach gar kein Vertrauen mehr). Ich glaube, sie ist auch nicht ein einziges Mal aus dem Bett geholt oder sonstwie mobilisiert worden. Ihr gelähmter Arm, der in der Klinik immer speziell gelagert war und zwischendurch gedehnt wurde, lag im Heim einfach irgendwie verkrampft neben ihr. Der Physiotherapeut hat mir dann kleine Übungen gezeigt, mit denen ich Arm und Bein zwischendurch mal bewegen kann, und auch, wie ich das besser lagern kann.
Unschön, auch wenn es meine Mutter derzeit anscheinend selber nicht so stört, fand ich auch, dass in diesem Heim keine richtigen Windeln angezogen wurden wie im Krankenhaus. Hier wurde einfach eine Art Slipeinlage unter die Mama gelegt und sie lag dann untenrum komplett blank da (Hose trug sie auch im KH im Bett nicht, da sie das sehr stört).
Wenn man das sowieso sehr rare Personal was gefragt hat, kam ganz oft "Ich bin nur Assistent(in), das kann/weiß/darf ich nicht, da müssen wir bis zur nächsten Schicht warten, wenn eine Pflegekraft kommt". Eine sehr nette und kompetente Pflegerin haben wir dort auch getroffen, die war ein absoluter Lichtblick, aber die wusste natürlich auch kaum, wo sie zuerst hinhetzen soll. Ansonsten hab ich das Gefühl, dass da 80 % der (sowieso schon sehr kargen) Pflege von Leuten gemacht wird, die das (noch) überhaupt nicht können. Immer wieder musste ich auch erklären, dass meine Mutter einen Schlaganfall hatte und z. B. NICHT selbst klingeln kann. Die scheinen da überhaupt keine Übergabe zu machen.
Ich bin entsetzt darüber, dass so überhaupt ein Pflegeheim betrieben werden darf.
Der Supergau kam dann vorgestern, da haben wir meine Mutter bewusstlos vorgefunden. Erst dachten wir, sie schläft und sind erst noch einkaufen gefahren und danach nochmal hin. Ich habe sie aber nicht wach bekommen, was sehr ungewöhnlich ist. Normalerweise ist sie immer sofort aufgewacht, wenn jemand ins Zimmer kam.
Schwester gesucht, die hat kommentarlos Blutdruck gemessen und ist dann erstmal wieder verschwunden. Im Müll wieder ein ganzes Becherchen mit Tabletten gefunden, wieder Schwester gesucht, was denn damit ist und ob die der Mama vielleicht was Starkes zum Schlafen gegeben haben.
Wusste sie beides nicht, uns wieder stehen lassen und im Hinterzimmer nur mit einer diskutiert à la "Wieso sind denn wieder diese Tabletten im Müll? Immer dasselbe hier in diesem Laden, ich hab echt kein Bock mehr." Schon sehr vertrauenserweckend...
Dann ist sie einfach verschwunden, um einen Mörser zu suchen, um die Tabletten der Mama über die Magensonde zu geben.
Und dann standen wir da und standen da und standen da... und ich dachte nur: "Hallo? Ist das jetzt echt die beste Idee, meiner bewusstlosen Mutter einfach auf Verdacht noch irgendwelche Medis reinzuhauen, von denen keiner so richtig weiß, was damit ist? Und sonst passiert jetzt hier nix????"
Da hab ich dann einfach aus dem Heim raus den Notruf gewählt und den Rettungsdienst kommen lassen (und dafür im Anschluss sogar noch einen dicken Anschiss von der Schwester kassiert, was mir denn einfallen würde, SIE wäre hier die Schwester...).
Gibt's sowas???? Im Nachhinein echt vollkommen fahrlässig! Das hätte doch auch ein zweiter Schlaganfall sein können, und dann haut man einfach kommentarlos ab und lässt die Angehörigen eine halbe Stunde da stehen??? (Einen Arzt gerufen hatte sie wohl selbst, aber uns halt NICHTS gesagt!)
Jedenfalls ist meine Mutter jetzt wieder im Krankenhaus, ein zweiter Schlaganfall war es wohl nicht, CT war unauffällig. Vielleicht ein Schwächeanfall, oder eventuell haben die ihr doch was gegeben und die dämliche Tante (sorry...) wusste einfach nur nix davon.
Auf jeden Fall steht für uns fest, dass sie in dieses Heim keinen Tag mehr zurückkehrt. Wir sind einfach entsetzt über die Zustände und Ahnungslosigkeit dort. Unser einziger Trumpf ist, dass wir dort noch nichts unterschrieben haben, weil die Verwaltung mir noch keinerlei Vertrag geschickt hat (ist wahrscheinlich genauso chaotisch wie der Rest des Ladens...?).
Aber was tun? Im Krankenhaus wird sie wohl nicht lange bleiben können. Einen anderen Heimplatz haben wir auf die Schnelle nicht und ich habe auch Angst, dass es dort ähnlich abläuft und dann aber weiter weg ist, sodass ich nicht zweimal am Tag vorbeischauen kann. Meine Mutter ist einfach noch viel zu krank und zu hilflos, mit dreimal am Tag Essen hinstellen und ab und zu Hintern abwischen ist es da einfach nicht getan.
Vielleicht doch häusliche Pflege? Ich habe Angst, das nicht zu schaffen, aber andererseits würden wir es so beschissen wie in diesem Heim wohl auch hier zuhause hinkriegen. Aber wie kriegt man das so schnell organisiert? Meine Mutter braucht einfach sehr viel Pflege und Hilfe, und ist leider durch ihr Gewicht, ihre Lähmung und die fehlende Sprache auch schwer zu händeln. Im Heim hat sie oft geweint und geschrien bis zur Erschöpfung, weil sie sich mir unbedingt mitteilen wollte, auch damit war ich ehrlich gesagt ziemlich überfordert.
Jetzt am WE konnte ich nicht viel klären, aber ab morgen tickt die Uhr. Krankenhaus ist schon informiert, da kann ich morgen hoffentlich gleich mit dem Arzt und dem Sozialdienst sprechen. Leider bin ich selber inzwischen völlig am Ende, aber es nützt ja nix
Wer auch immer hier einen Tipp hat, ich bin für alles dankbar, was uns weiterhelfen könnte.
Das war jetzt sehr lang, ich sage danke an alle, die es trotzdem gelesen haben.
Viele Grüße
Calendula