#1
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Hallo

Es ist ein sehr heikles Thema, welches ich hier eröffne, das ist mir schon klar. Aber in letzter Zeit denke ich immer mehr über dieses Thema nach. Ich kenne meinen Vater seit meiner Geburt vor 36 Jahren. Ich will damit sagen, dass ich meinen Papa in- und auswendig kenne. Ich kenne seine Ansichten, seine Wünsche, seine Träume......Meine ältere Schwester genauso wie ich. Sie ist sogar noch mehr ein Papa-Kind, während ich eher ein Mama-Kind war. Nun ist es so, dass wir uns sehr sicher sind, dass unser Vater mit der jetztigen Situation (Aphasie, Hemiplegie) sehr sehr unglücklich ist. Immer wenn er von jemandem gehört hat, der einen SA hatte, pflegte mein Vater in gesunden Tagen zu sagen. In dieser Situation sollte man einfach sterben können.....

Wir helfen unserer Mutter bei der Pflege so gut es geht und unser Vater ist leicht zu pflegen. Aber es gibt immer wieder Situationen in denen man merkt wie unwohl er sich fühlt. Z.B. wenn wir helfen ihn nach dem Stuhlgang sauber zu machen, wenn wir ihm vom Bett in den Rollstuhl helfen, wenn wir ihn frisch anziehen weil der Katheter undicht war usw. Besuch will mein Papa keinen (er hat sehr viele Freunde und Kollegen die gerne vorbeikommen würden). Er will nicht mal aus dem Haus, er schämt sich im Rollstuhl durchs Dorf geschoben zu werden und nicht mit den Leuten reden zu können. Wir sehen einfach wie sehr er leidet und da fragen sich meine Schwester und ich wie können wir ihm dieses Leid abnehmen, ersparen, beenden. Habt IHR euch auch schon solche Fragen gestellt?? Mir bricht es einfach jeden Tag aufs neue das Herz wenn ich meinen Papa so sehe...

Danke fürs Zuhören   Averi

#2
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Hallo Averi:)

auf so einen Gedanken würde ich überhaubt nicht kommen:Oschau Dir mal die anderen Leute an die auch ein Schlaganfall mitten aus dem Leben warf--mach ihm ein wenig Mut das er auch für Dich auswegloser Situation wieder herausfindet.Gruss von Stephan auch unter www.wer-kennt-wen.de

#3
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Hallo Averi,

die Gedanken sind ja bekanntlich frei. Handlung mit der Absicht, eine Person auf deren freiwilliges und ernsthaftes Verlangen hin zu töten, indem eine Medikationverabreicht wird. Die aktive Sterbehilfe unterliegt in Deutschland (§ 216 des Strafgesetzbuches). Für solche Fälle gibt es Vorsorgevollmachten, wo man im Vorfeld alles Regeln kann. Im übrigen habe ich 17 Monate Schwerstpflege hinter mir und hatte nie einen Gedanken daran verschwendet. Wir können uns leider nicht den Tod aussuchen, die wenigsten schlafen friedlich ein.

Sterbehilfe

@ Beersche lese Dir mal durch was Du letzte Woche noch bei Aaron Sharon von Dir gegeben hast. Dem wollteste noch die Maschinen abstellen.

 

Liebe Grüße Rüdi

:)


Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal bearbeitet, zuletzt von »caveman« (02.02.2010, 16:35)
#4
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Hallo Averi,

ich schließe mich Rüdi an.

Es fällt schwer einen geliebten Menschen so leiden zu sehn, aber wo sind da die Grenzen? Gibt es nicht immer Menschen die noch "beschissener" dran sind?

Wieviele Kinder haben Krebsleiden, würdet ihr in einer ausweglosen Situation mit dem eigenen Kind auch so verfahren?

Viele hier im Forum lagen im Koma und viele plagen sich Tag für Tag mit ihrem Schlaganfall. Macht euch mal die Mühe und durchforstet mal die Blogs.

Und eines sei gewiss, Ihr habt mehr Kraft wie ihr annehmt und " Die Wenigsten sterben so, wie sie es sich wünschen."

Liebe Grüße Daniela

#5
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Danke für euere schnellen Antworten. Unsere Kraft ist noch lange nicht zu Ende, dessen bin ich mir sicher. Ich habe auch Angst um meinen Vater, nicht um uns "Pflegende". Ich sehe einfach jetzt nach mehr als einem halben Jahr nach SA was er alles noch kann, bzw. nicht mehr kann. Und ich kann euch sagen, es ist wahrlich nicht mehr sehr viel, was mein Papa noch selber nachen kann. Laut Arzt und Therapeuten wird es auch nicht besser sondern eher noch schlechter werden (und an Wunder glaube ich nicht).

Ist einem Menschen so ein Leben zuzumuten?? Das ist die für mich so quälende Frage. Über Religion und Glaube möchte ich nicht diskutieren, denn sons heisste es so schön es ist sein Schicksal.

Ich weiss auch nicht ob ich, wenn es so weit wäre, meinem Vater wirklich helfen könnte, aber wie gesagt meine Gedanken kreisen und kreisen und kreisen....wenn er doch nur einschlafen könnte, nicht wegen mir, sondern wegen ihm.

Averi

#6
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Meine Mutter liegt nach 21 Monaten als schwerer Pflegefall im Bett. Sie hatte noch vor ihrem Krankenhausaufenthalt gesagt: "Lasst mich bloß  nicht so da liegen wenn etwas schief geht".  Eine Patientenverfügung machte sie dennoch nicht. Und da beginnt das Dilemma. Man ist machtlos .Ich habe umgehend eine Patientenverfügung für mich verfasst.

Aber ich muss auch sagen, dass es Momente gab in denen sie noch sprechen konnte und sie auch sagte: "Ich habe Angst vor dem Sterben". Ich bin mir nicht so sicher, dass sie in dem Moment auch wirklich sterben wollte.

Die Situation ist immer anders wenn man gesund ist .Dein Vater kann zumindest noch im Rollstuhl am Leben teilhaben. Mit eurer Liebe und Hilfe könnt ihr ihn vielleicht aus seinem seelischen Tief rausholen.

#7
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Ich kann deine Gedanken verstehen. Gaetano und ich hatten zu anderen Zeiten sehr viele Gespräche über die Situation die wir heute haben. Er sagte mir immer, wenn was passiert, tu mir das nicht an, das mir einer den Hintern sauber machen muß. Lass mich gehen, ruf nie einen Notarzt um mir ein nicht lebenswertes Leben zu retten.

Als es tatsächlich passierte habe ich einfach gehandelt. Wie sollte ich dem Menschen beim Sterben zu sehen, in dessen Armen ich einen Augenblick vorher noch lag? Während der Komazeit hatte ich schwerste Schuldgefühle deswegen. Ich kannte ja seine Gedanken genau. Auch heute halte ich mich manchmal für sehr egoistisch. Nur weil ich ohne ihn nicht sein möchte, qäult er sich!

Aber das ist alles Quatsch. Das Leben ist lebenswert. Ich schließe mich da Ischi und den anderen an. Mit Liebe kann man viel erreichen. Wir sind nicht befügt über den Tod zu entscheiden. Der Tod findet seinen Weg.

Aber hast du mal überlegt, ob du vielleicht jemanden brauchst, der dich aus dem seelischen Tief rausholt? Denn auch wir als Angehörige stecken da oft genug drin fest und brauchen Hilfe.


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »GAETANO« (02.02.2010, 20:59)
#8
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Zitat von: Averi

Danke für euere schnellen Antworten. Unsere Kraft ist noch lange nicht zu Ende, dessen bin ich mir sicher. Ich habe auch Angst um meinen Vater, nicht um uns "Pflegende". Ich sehe einfach jetzt nach mehr als einem halben Jahr nach SA was er alles noch kann, bzw. nicht mehr kann. Und ich kann euch sagen, es ist wahrlich nicht mehr sehr viel, was mein Papa noch selber nachen kann. Laut Arzt und Therapeuten wird es auch nicht besser sondern eher noch schlechter werden (und an Wunder glaube ich nicht).

Ist einem Menschen so ein Leben zuzumuten?? Das ist die für mich so quälende Frage. Über Religion und Glaube möchte ich nicht diskutieren, denn sons heisste es so schön es ist sein Schicksal.

Ich weiss auch nicht ob ich, wenn es so weit wäre, meinem Vater wirklich helfen könnte, aber wie gesagt meine Gedanken kreisen und kreisen und kreisen....wenn er doch nur einschlafen könnte, nicht wegen mir, sondern wegen ihm.

Averi

 

 

Mhh, ich kann deine Gedanken teilweise verstehen, teilweise aber auch nicht. Ich habe erlebt was ein Mensch aushalten kann, so wie ihr auch. Er hat die sehr gefährliche erste Zeit hinter sich gebracht. Ich weiss aber auch die andere Seite, da ich mein Kind verloren habe. Da habe ich lange gehadert, soll ich es meinem Kind zumuten oder die Therapie abbrechen. Mein Kind hat mir dann aber diese Entscheidung  Gott sei Dank selbst abgenommen. Heute weiss ich nicht, wie ich hätte besser leben können. Meinem Kind bei seinen Qualen zu sehen, oder es indiziert erlösen zu lassen.

Ich persönlich würde eurem Vater lieber einen guten Psychologen zur Seite stellen. Mein Mann ist auch öfter mal traurig, weil er dies oder das nicht mehr kann. Dann aber hat er wieder Momente, in denen er merkt, es ist noch so vieles im Leben möglich. Was haben uns die Ärzte alles erzählt was nicht mehr möglich ist. Hätte ich denene alles geglaubt, dann hätten sie ihn damals als der Schlaganfall passierte eigentlich nicht einmal operieren zu brauchen. Aber ich habe ihnen nicht geglaubt.

Ich denke eher, dein Vater braucht sehr gute psychologische Hilfe, auch vielleicht in einer SElbsthilfegruppe. Es gibt durchaus Gruppen, die sich bei sich untereinander Zuhause treffen, oder das auch machen würden, bis dein Vater soweit ist, dass er das Haus verlassen möchte.

Aber ein assistierter Suizid, ich weiss nicht ob das wirklich so gut wäre. An die Folgen möchte ich auch nicht denken. Und dann die große Frage, wie könntet ihr damit leben? Die Frage: Was wäre gewesen wenn, hätte er nicht doch noch eine Chance gehabt .... würde euch das Leben für immer zur Hölle machen. Mir würde dies auf jeden Fall so gehen.

 

LG

Denise


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »Mihapix« (02.02.2010, 21:27)
#9
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Ihr Lieben

Ich danke euch sehr. Ich werde versuchen mir euere Worte zu verinnerlichen. Ich liebe meinen Vater sehr und hoffe, dass irgendwie alles gut kommt. Dass er vielleicht wieder ein bisschen mehr Lebenswille aufbringen kann......

Ich wünsche allen einen guten Tag.  Averi

#10
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Hallo Averi,

 nachdem meine Mutter bereits einen Darminfarkt mit Not-OP, Reanimation, Lungenentzündungen, Baufellentzündung im Dez. 2008 hatte und es schon ein Wunder war, dass sie überlebte, erlitt sie auch noch einen SA im Juni 2009. Ich dachte damals, das war es. Nochmal das Ganze durchstehen? Wieder Monate auf der Intensivstation sein? Wieder Feuerwehr spielen? Nun befindet sie sich 14 Monate in Kliniken, sie war eine Woche zu Hause. Meine Mutter hat auch immer gesagt, dass sie nie im Bett liegen wolle und die Wand anstarren. Mein Mann machte mich irgendwann auf den Schauspieler Jean-Paul Belmondo aufmerksam. Dieser hat nach 8 Jahren den Weg zurück gefunden. http://www.abendblatt.de/vermischtes/article593466/Jean-Paul-Belmondo-ist-zurueck.html Ich finde das beachtlich. "Mut verloren, alles verloren" Also ein starker Wille kann Berge versetzen, auch wenn Ärzte etwas anderes sagen. Ihr müsst immer an Euren Vater glauben. Was könnte seine Motivation sein? Bei meiner Mutter sind es die Enkel. Sie will gebraucht werden. Das habe ich ihr immer gesagt, dass sie gebraucht wird.

Liebe Grüße

Hanne

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