#11
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Hallo Marienkäfer,

als ich das mit deinen ganzen Gerätschaften gelesen habe, musste ich ein bisschen lachen. Bei uns sieht es genauso aus: Igelbälle, Igelrollen, alle möglichen Kissen, Bänder, Tische, Computerspiele (Ergo). Ich hab unseren Küchentisch "aufgebockt", damit er mit Rolli überhaupt drunterfahren kann. 

Natürlich habe ich mir auch schon oft Gedanken gemacht, ob ich nicht auch Fehler mache und damit seine Trägheit unterstütze, das mag beim Thema Brotschmieren oder Anziehen schon mal zutreffen, wenn ich es "dann mal eben schnell" für ihn erledige, wenn wir mal unter Zeitdruck stehen, aber das Ziel, wieder mobil zu sein nehme ich ihm nicht weg, das kann er nur von sich aus erreichen. Ich weiss ja, dass er auch wenn er gehen kann, immer noch für veiles meine Hilfe benötigen wird, aber mich treibt es in den Wahnsinn, wenn er den ganzen Tag immer nur vornübergebeugt am Esstisch mit dem Compi sitzt. Ich bin mittlerweile nicht mehr gerne im Wohnzimmer, weil ich dieses Bild nicht immer vor Augen haben kann.  Ich hab mir einen alten Laptop geschnappt und sitze damit lieber alleine in der Küche. 

Ich bin einfach enttäuscht, weil ich mir seit drei Jahren beide Beine für ihn ausreisse und er die Möglichkeit wieder auf die Beine zu kommen nicht begeistert nutzt. Ich denke, die Ursache ist eine Mischung aus Schlaganfallschädigung im Gehirn und Abfinden mit einer Situation. Ich habe nur Angst, dass ich diese körperliche Belastung bald gesundheitlich nicht mehr schaffe und dann hab ich eben auch Angst vor dem , was dann kommt, Pflegedienst, Pflegeheim usw.

lg zaubernuss

#12
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Als ich gerade Eure Erfahrungen mit Euren Männern gelesen habe, habe ich dies meinem Mann vorgelesen, da es genau so ist wie bei uns. Auch mein Mann muss für jede noch so kleinste Übung aufgefordert werden und macht von selbst nichts. Auf unserem Esstisch stapeln sich für ihn gut erreichbar die verschiedensten Therapiematerielien. Von ihm selbst aus kommt so gut wie nichts. Immer wiederwilliger macht er mit, wenn ich ihn auffordere. Lediglich bei den Therapeuten noch. Ansonsten sitzt er vor dem Fernseher, wenn er nicht gerade schläft, oder starrt Löcher in die Luft. Nachdem ich ihm gerade einiges vorgelesen und darauf aufmerksam gemacht habe, dass es ja bei uns nicht anders wäre. Wurde er böse - leider habe ich aufgrund seiner Aphasie nicht eruieren können, worüber er sich genau jetzt aufgeregt hat. Jedenfalls sitzt er jetzt wieder da uns starrt bei laufendem TV Löcher in die Luft. Auch für mich ist das nur ganz schwer zu ertragen. Auch ich kann nicht ausweichen, nicht einfach mal raus gehen und ihn für längere Zeit alleine lassen. Zumal seit gut 3 Wochen hinzu kommt, dass ich selbst Probleme habe, da ich mir den Innenmenikus gerissen habe und nur sehr schlecht laufen kann. Ich habe einen Arzt gefunden, der das ambulant operiert und zumindest schon mal eine Möglichkeit der Betreuung für den Tag der Operation am 26.4. - so lange bin ich selbst leider nur eingeschränkt zu gebrauchen und wie es anschließend gehen soll, da ich die ersten Woche überhaupt nicht laufen kann und soll, habe ich noch keine Lösung parat. Eines steht jedenfalls fest, ich werde ihn nicht so bedienen können wie bisher. Wenn er morgens Kaffee will, muss er wohl oder übel aufstehen, sich anziehen (er hat ja jetzt noch Zeit bis dahin das zu lernen) und muss die Treppe runter. Ich kann nicht morgens mehrfach die Treppe rauf und runter laufen um ihm Kaffee und Frühstück zu bringen. Ich bin gespannt  ...

Gruß Monika

#13
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Hallo Monika,

genau was du mit deinem Knie beschreibst, ist mein Albtraum. Ich hab auch schon überlegt, was man alles ambulant operieren kann, wenn mir mal wieder was weh tut. Ich hoffe, dass du die OP gut überstehst und dich danach gut erholen kannst, Knie ist ja nicht so einfach.

lg zaubernuss

#14
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Es scheint die Meinung vorzuherrschen, mit Therapien könnte man die neurologischen Ausfälle beheben. Dem ist aber nicht so und die Betroffenen spüren das. Deshalb entsteht die Abwehrhaltung. "er hat ja jetzt noch Zeit bis dahin das zu lernen" - das geht leider nicht, auch wenn sich der Patient noch so viel Mühe gibt. Mir wird auch oft vorgehalten, wenn du mehr trainieren würdest, wärest du schon viel weiter. Sowas kann nur ein Nicht-Betroffener denken. Ich kann das Verhalten der Patienten verstehen, die ständig genötigt werden, mehr zu tun.

LG Ulrich

#15
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Also wir haben auch gerade darüber diskutiert ... habe auch mal vorgelesen was ihr so geschrieben habt. Unsere gerade mal 18-jährige Tochter meinte in der ihr eigenen Naivität: "also ich finde das von den Männern total unfair ... es gibt schlimmeres und es ist ja wohl nicht zuviel verlangt alles dafür zu tun dass man weiterkommt und wieder fit wird ..." Sie meint das natürlich nicht so wie sie das sagt, sie hat manchmal mehr Verständnis für meinen Mann wie ich und die komplette Tragweite von solchen Schicksalsschlägen ist ihr (zum Glück) noch nicht bewußt. Sie sagt so etwas mit dem ihr wirklich eigenen Optimismus.

Ich habe das Problem mit der fehlenden Motivation nicht so gravierend wie ihr! Menne fällt mal in Löcher, insbesondere wenn er meint dass der nächste Fortschritt nun schon sooooooooooo lange her ist. Aber diese Löcher haben es dann wirklich in sich, von daher verstehe ich euch voll und ganz.

Da er nun 6 Wochen in Reha war und sich von den Folgen des erneuten Komas ganz toll berappelt hat, ist er motivierter denn je. Das alles hängt aber auch damit zusammen dass man endlich etwas gegen seine wahsinnigen Arthritis-Schmerzen gefunden hat und er sich auch TRAUT sich zu bewegen!

Ich schwanke während der Depri-Phasen immer zwischen dem Verständnis für ihn und Zorn. Damit klar zu kommen, dass die Frau nun für alles verantwortlich sein MUSS, sich um alles kümmern MUSS, alle Probleme allein bewältigen MUSS, ist sicher nicht einfach. Andererseits bin ich zornig wei ich denke, wie ihr sicherlich auch, mach wenigstens dass was in deinen Möglichkeiten liegt ... alles dafür zu tun dass es auch nur kleinste Fortschritte gibt, das ist eben dein Part lieber Mann. Und es wird mit zweimal Physio die Woche  keine großen Fortschritte geben.

Diese 2 Jahre sind nun soooo schnell rum ... für meinen Menne ist auch das eine Enttäuschung. Er hat sich nach 2 Jahren deutlich mehr erhofft.

 

#16
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Das mag ja sein Ulrich, doch 2 Dinge stehen fest.

1. Von selber kommt gar nichts zurück. Das Gehirn muss "umprogrammiert" werden um den Defekt auszugleichen und das geht nun einmal nur durch üben, üben und noch mal üben.

2. Er hat keine andere Wahl das zu lernen. Denn er will nicht in ein Pflegeheim zur Kurzzeitpflege (lieber würde er sterben) und er will niemanden vom Pflegedienst im Haus haben. Fest steht, ich werde ihm dann stehend auf einem Bein oder eben mit 2 Krücken ohne das rechte Bein auch nur im Geringsten belasten zu können, ohne die Möglichkeit in die Hocke zu gehen nicht helfen können.

Zwischen ständig genötigt werden mehr tun und gar nichts ohne Therapeuten tun, ist eine ziemlich große Bandbreite.

Gruß Monika

#17
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Zitat von: ulrich1277

Es scheint die Meinung vorzuherrschen, mit Therapien könnte man die neurologischen Ausfälle beheben. Dem ist aber nicht so und die Betroffenen spüren das. Deshalb entsteht die Abwehrhaltung. "er hat ja jetzt noch Zeit bis dahin das zu lernen" - das geht leider nicht, auch wenn sich der Patient noch so viel Mühe gibt. Mir wird auch oft vorgehalten, wenn du mehr trainieren würdest, wärest du schon viel weiter. Sowas kann nur ein Nicht-Betroffener denken. Ich kann das Verhalten der Patienten verstehen, die ständig genötigt werden, mehr zu tun.

LG Ulrich

Ich muss nun mal ganz doof fragen ... weil ich nicht sicher bin, ob ich dich richtig verstehe: Therapien sind quasi sinnlos? Und das spürt der Betroffene?

#18
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Hallo Ulrich,

jetzt kommt wieder mal das berühmte: Jeder Schlaganfall-Patient ist anders!

Mein Mann übt seit 1,5 Jahren, seit seiner Hüft-OP, Aufstehen, Stehen und einzelne Schritte machen. Bisher gab es immer Proble, da das linke Bein nach außen wegknickte und zwar im Fußgelenk. Das war sehr schmerzhaft, sehr gefährlich fürs Gelenk und auch sehr instabil für meinen Mann, da natürlich immer die Gefahr bestand, dass er stürzt. Bei Transfers musste ich sein Bein immer abstützen und bei der Therapie war seine Therapeutin gefragt. Ziel war aber natürlich immer , dass er wieder alleine mobil ist. Daher war diese Orthese, die sofort super gewirkt hat, wirklich die Rettung. Riesenfreude beiallen Beteiligten. Endlich hatte sich die ganze harte Arbeit, die mein Mann bis dahin geleistet hatte, gelohnt.

Als Nicht-Schlaganfallpatient hab ich natürlich von mir auf ihn geschlossen und gedacht, dass er jetzt sofort loslegen müsste. Du hast Recht, wenn du sagst, so kann nur ein nicht-Betroffene reden. Ich kann mir wahrscheinlich gerademal vorstellen, wie jemand, dessen linkes Bein nicht funktioniert, mit einem neuen Hilfsmittel "losstürmt". Auch als Angehöriger wird man wohl nie die komplexen Schäden, die so ein Schlagpfindenanfall verursacht, nachempfinden können. Aber ich geb mir, wie so viele hier im Forum, wirklich alle erdenkliche Mühe. Wenn man jemanden liebt, möchte man auch gerne helfen. Ich möchte gerne, dass mein Mann wieder eine gewisse Selbständigkeit erlangt. Und wenn ich dir sage, dass ich mir wünsche, dass ich nicht vor ihm sterbe, dann verstehts du sicher, dass ich keinen Hang zum Melodramatischen habe, sondern ernsthaft um meinen Mann besorgt bin.

Aber glaub mir, schon in dem Moment, in dem ich mich hier beschwere, meldet sich auch gleichzeitig mein schlechtes Gewissen, weil ich meinen Mann liebe und ich ganz gnau weiss, wie er unter seinen Schlaganfallfolgen leidet. 

Ich finde es gut, wenn du deine Sicht zu dem thema beschreibst, weil das ein wirklich schwieriges Thema ist, bei dem man als Angehöriger sehr hilflos ist.

lg zaubernuss

#19
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Nochmal zu Ulrichs Einwand, dass Nötigung nichts erreichen wird.

Ich glaube, dass keiner von uns Frauen ihren Mann "nötigt."  Ich denke eher, wir sprudeln hier so damit heraus, weil wir zu Hause eben nicht ständig sagen : Tu dies, tu das , tu noch mehr.

Aber, wie willst du z.B. deinen Kreislauf stabilisieren, wenigstens ein bisschen Muskelmasse wieder in die Beine bekommen, wenn du einfach freiwillig keinen Meter läufst, weil es auf der Couch bequemer ist ?

Überall lese ich, Bewegung, auch in kleinem Maße, ist wichtig. Wenn ich nicht ständig und jeden Tag sagen würde, komm, wir drehen eine kleine Runde, ICH brauche frische Luft - oder mir sonstige Gründe einfallen lasse, damit ER auf die Beine kommt, würde gar nichts geschehen.

Ist das denn Nötigung ?  Wenn er mir egal wäre, würde ich ihn doch im Bett vergammeln lassen.

Ich lieg auch lieber an manchen Tagen auf der Couch, aber ich muss auch nicht wieder auf die Beine kommen, da bin ich schon den lieben langen Tag eh drauf.

Dass der Mensch an sich bequem ist, kennen wir von uns im gesunden Zustand genauso.

Bei Sportkursen macht man auch nicht einmal mehr als nötig, aber wozu gibts dann überhaupt Therapien ?

Und da meiner z.B. Schwierigkeiten mit dem Kopfrechnen hat, denke ich mir so, wo soll denn das alles wieder herkommen, wenn er nicht mal von selbst auch ein bisschen trainiert ?

Und wenn er es nicht schafft, mal alleine einen Block und Bleistift nehmen und etwas aufschreiben, kommt auch nicht.

Soll ich einfach abwarten, nach wieviel Tagen ihm seine Tabletten mal einfallen ?

Nee, es ist und bleibt schwierig.:(!

 

#20
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Ja, ich denke auch, im Gegensatz zu einem kleinen Kind, dessen Gehirn ja auch Aufbauarbeit leistet und das auch Bewegungsabläufe sich erarbeiten und abspeichern muss, fehlt bei manchen Patienten eben der Antrieb. Nur damit hier kein falscher Eindruck entsteht, ich bezeichne Schlaganfallpatienten nicht als kleine Kinder, ich vergleiche hier nur biochemische Vorgänge im Gehirn. 

Es wäre leider ein grausamer Test, wenn wir unsere Männer einmal ohne "Nötigung" sich selbst überlassen würden. Kein Aussenstehender kann diese kleinen Rückwärtsschritte so genau beurteilen, die dann schon in kurzer Zeit stattfinden würden. Ich beneide alle die Patienten deren Angehörige, die den gesunden Antrieb haben, aber manchmal muss leider die "bessere Hälfte" die Funktion übernehmen. (Über den dummen Witz der "besseren Hälfte" grinsen mein halbseitig gelähmter Mann und ich übrigens beide, wennich wieder mal seine linke Hand ersetze . Das ist kein dummer Angehörigenwitz.)

lg zaubernuss

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